√Codes – Geheimnisse und Botschaften

2. Biennale der Künstler im Haus der Kunst München External_link (2015)

 

Die weißen Flächen einer Landkarte markieren die Brüche in der Kontinuität des dargestellten Raums. Dort wo wir keine Aussage über eine Topographie verzeichnen können, sucht sich die Vorstellungskraft des Betrachters in das geheimnisvolle Weiß der „Terra incognita“ einzuschreiben.

Am Punkt der Auslöschung beginnt die Imagination.

Mapping als Beschreibungsmethode ist in der Kunst der späten 60-er Jahre zur alltäglichen Kommunikationsform geworden. In diesem entworfenen „Realitäts-Imago“ schafft sich der Mensch eine abstrakt erfahrbare Wirklichkeit, die fern sinnlicher Empfindung liegt, ihm jedoch die Vorstellung vermittelt ein Teil des globalen Systems zu sein.

Kein Darstellungsmedium ist abhängiger von der „zeitlichen Dimension“ als das der Kartographie und jede Veränderung, die sich im zeitlich-historischen Kontext vollzieht, wird zum unerschöpflichen Datenfluss, der aufbereitet in den neu zu gestaltenden Informationsträger eingezeichnet wird. Hierdurch formuliert das Medium ein transparentes Raumgefüge und vermittelt dem Betrachter die Möglichkeit der Ortung und Orientierung. Das veränderte kommunikative Verhältnis des Menschen zur Umwelt und der Niederschlag seines geschichtlichen Bewusstseins, sind lesbare Zeichen. Diesen deutlichen Hinweis auf die enge Verknüpfung von Ort und Geschichtlichkeit gibt uns Karl Schlögel in seinem Buch „Im Raume lesen wir die Zeit“: „Karten sind Formen, Kondensate, Konzentrationen, Abreviaturen von Gesamtwissen, von Epochen. Es sind Sammlungen von Blicken auf die Welt, von Weltprojektionen.“ (1)

An diesem Punkt hat die Kunst von Michael Lukas eine neue Denkebene erreicht, auf der sie erneut in den politischen Diskurs über Positionierung und Neukartierung des globalen Raumes einzugreifen vermag. Seit Beginn der 90er Jahre liegt sein künstlerisches Interesse auf dem Themenschwerpunkt der Landvermessung. Kennzeichnende Merkmale hierfür sind die Dynamik des Bildraums, die Brüche der Mannigfaltigkeit, das Prinzip der Auslöschung.

Das Vorstellungsmodell der Karte und ihr Verhältnis zur Darstellung der Landschaft aus der polyperspektiven Sicht, bieten Einblicke in den Veränderungsprozess eines politisch und ökonomisch gestalteten Lebensraums. „Angesichts der sinnlichen Überreizung durch die Überwältigungsmechanismen der medialisierten Welt entsteht das Bedürfnis „nach einer Kunst der Stille, des Inne-Haltens, der Aufmerksamkeit“ die somit ihrerseits eine „wirkliche Erfahrung“ möglich macht. (2)

Die Installation „Triangulation der Sehnsucht“ besteht aus drei länglichen Fotokästen, die auf klassischen Modellierböcken aufliegen und sich gegenseitig in Form eines Dreiecks überkreuzen. Die in den Kästen befindlichen Fotos beschreiben vorüberziehende Landschaften aus einem bewegten Objekt. Mittels Auslöschung und Überlagerung, die bedingt durch den digitalen Aufnahmeprozess entstehen, werden diskontinuierliche Räume geschaffen. Der Titel der Arbeit nimmt Bezug auf das „Anderswo Seiende und Abwesende“.

 

pdf-icon  Zur Ausstellung erscheint ein Katalog

 

1 Schlögel, Karl, Im Raume lesen wir die Zeit, Carl Hanser Verlag, 2003
2 Demand, Christian, Die Beschämung der Philister, zu Klampen Verlag, 2003

Foto oben: © Michael Lukas, 2015
Foto mitte: © Michael Lukas, 2015
Foto unten: © Susanne Hesping, 2015